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MLP am Melkroboter - so wird gerechnet

Die Zahl der Mitgliedsbetriebe mit Automatischen Melkverfahren (AMV) hat in den letzten Jahren zwar langsam, aber stetig zugenommen. Eine Übersicht über den derzeitigen Stand gibt die Tabel­le 1. Bei 30 Betrieben von den insgesamt 156 Roboter-Mitgliedsbetrieben wird weiterhin jeweils ein Teil der Herde in einem konventionellen Melkstand gemolken. In der „Rind im Bild“-Ausgabe 4/2011 wurde bereits grundsätzlich über die Voraussetzungen zur Milchleistungsprüfung (MLP)

in Betrieben mit Melkrobotern berichtet. Die Durchführung der MLP erfolgt nach den Vorgaben der Dachverbände ADR (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter e. V) und DLQ (Deutscher Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen e.V. ), die im Folgenden näher erläutert werden sollen. Eine einheitliche Durchführung ist z. B. für die Nutzung der MLP-Ergebnisse für die Zuchtwertschätzung und für überregionale Vergleiche unerlässlich.

Im Gegensatz zum konventionellen Melken mit vorgegebenem festen Melkrhythmus bestimmen die Kühe in Melkroboter weitgehend selbst ihre Melkzeiten. Daher müssen für die Durchführung der MLP eine Reihe von organisatorischen und technischen Voraussetzungen erfüllt sein. Die unre­gelmäßig über den Tag anfallenden Milchmengen-Ergebnisse müssen automatisch gemessen und gespeichert werden, sodass eine zugelassene elektronische Milchmen­genmessung

 
AMV
Typ
Anzahl
Betriebe
davon
reine AMV
davon
zusätzlich
Melkstand
davon
1 Probe
BI4R
davon
2 Probe
BE4R
davon
>2 Probe
BE4R
Anzahl
Boxen
Anzahl
Kühe
DeLaval 52 42 10 0 5 47 83 4.947
Lely A4 39 32 7 12 19 8 52 3.299
Lely A3 32 24 8 9 15 8 53 3.156
Lely A2 18 15 3 3 9 6 35 2.047
Fullwood 9 7 2 0 5 4 16 909
SAC 4 4 0 0 1 3 9 450
Westfalia 2 2 0 1 1 0 5 228
gesamt 156 126 30 25 55 76 253 15.036

und ein daran angeschlossenes betriebseigenes Datenerfassungssystem (Melkroboter-Programm) vorhanden sein muss. Da die Kühe in den Daten zweifelsfrei identifizierbar sein müssen, sind alle Kühe mit ihrer vollständigen Ohrmarkennummer in die Melkroboter-Software einzugeben. Der LKV bietet seinen Mitgliedern hierzu die Möglichkeit, die Stammdaten ihrer Kühe als ADIS/ADED-Datei anzufordern. Diese Daten können dann in den Managementprogramm des Melkroboters übernommen werden. Die Weitergabe dieser Daten an das LKV-Rechenzentrum in Kiel erfolgt in dem ISO-Standarddatenformat ADIS. Das Datenerfassungssystem muss alle Melkungen und Gemelksmengen sowie die dazugehörigen Melk- und Probenahmezeiten aufzeichnen. Weiterhin muss die Milchprobennahme mit einem automatischen, ICAR anerkannten System erfolgen, das repräsentative Proben zur Inhaltsstoffbestimmung gewährleistet. Diese Milchprobennahme-Systeme, häufig auch als „Proben-Shuttle“ bezeichnete Geräte, werden i. d. R. vom LKV zur Verfügung gestellt. Übrigens ist der LKV Schleswig-Holstein der einzige LKV im Bundesgebiet, der seinen Mitgliedern diesen Service bietet.

Praktische Durchführung der MLP am Melkroboter

Am MLP-Tag liefert der Leistungsprüfer die Gerätschaften (Probenkisten, Probenahmegeräte) an den Mitgliedsbetrieb aus. Der Anschluss der „Proben-Shuttle“ an den Melkroboter erfolgt durch den Landwirt.

Grundsätzlich gilt die am Melkroboter durchgeführte MLP als B-Prüfung (Prüfung durch Besitzer). Die Milchprobenahme im Rahmen der MLP am Melkroboter sollte im Regelfall über 24 Stunden erfolgen. In großen Betrieben ist aufgrund der begrenzen Anzahl an Probenahmegeräten auch ein längerer Probenahmezeitraum zulässig. Beim Umsetzen der Probenflaschen aus dem Probenahmegerät in die Probenversandkiste ist unbedingt darauf zu achten, die richtige Reihenfolge einzuhalten. Jede MLP am Roboter muss sorgfältig durchgeführt werden, d.h. bei Anschluss des Probenahmegeräts muss die Uhrzeit und die erste Kuh notiert werden. Während der ersten Proben sollte eine Person anwesend sein und überprüfen, ob die Probenahme problemlos läuft und ob die Füllmenge in den Flaschen den Vorgaben entspricht. Außerdem muss geprüft werden, ob die Probenahme im PC registriert wird und die Zuordnung der Proben korrekt erfolgt.

Unmittelbar im Anschluss an die MLP übermittelt der Landwirt per Internet die Gemelksdaten aus dem Roboter an den LKV. Auch wenn viele Daten beim automatischen Melken auf elektronischem Weg erfasst und übermittelt werden, muss das MLP-Taschenbuch weiterhin sorgfältig ausgefüllt werden. Neue Tiere müssen mit Lebensnummer, Stallnummer, Kalbedatum, Rasse und Status Kuh oder Färse angegeben werden, bei Abgängen muss der Abgangsgrund angegeben sein. Das MLP-Taschenbuch ist dem Leistungsprüfer bei Abholung der MLP-Geräte und der Proben ausgefüllt zu übergeben.

Leistungsberechnung für MLP-Ergebnisse am Melkroboter

Die Probenahme erstreckt sich je Melkeinheit im Regelfall über 24 Stunden. Werden alle Gemelke am Prüftag für die Inhaltstoffberechnung genutzt, ist das Prüfungsschema mit dem Buchstaben „E“ zu kennzeichnen. Wird am Prüftag grundsätzlich nur ein Gemelk der Tiere unkorrigiert für die Inhaltsstoffberechnung genutzt und, erhält das Prüfungsschema den Buchstaben „I“.

Die Leistung am Prüftag eines Tieres im Melkroboter-Betrieb ist definiert als die - ausgehend vom Zeitpunkt der letzten Probenahme - in den vorangegangenen 48 Stunden gebildete und auf 24 Stunden standardisierte Milchmenge. Sie wird berechnet anhand der Summe der Milchmengen aller Melkungen in diesem Zeitraum, dividiert durch die Summe der dazugehörigen Zwischenmelkzeiten, bezogen auf 24 Stunden (siehe Tabelle 2).

Die Ermittlung der Inhaltsstoffe erfolgt, indem beim Prüfungsschema „E“ aus allen vorhandenen Proben eines Einzeltieres des Prüfungstages ein über die Gemelksmenge gewichteter Mittelwert berechnet wird. Kommt das Prüfungsschema „I“ zur Anwendung wird das Inhaltsstoffergebnis unverändert übernommen.

 Damit die sonstigen, „kumulierten“ Leistungen (z. B. 305-Tageleistung, Jahresleistung) möglichst genau berechnet werden können, sollten alle Gemelksmengen über den gesamten Zeitraum von der Vorkontrolle bis zum aktuellen MLP-Termin erfasst werden und in die Leistungsberechnung eingehen.

 
Stallnr. Datum und Uhrzeit ZMZ
(Minuten)
Mkg ZMZ-48
(Minuten)
Mkg-48
246 27.02.2015 08:20:38 289 10,0 289 10,0
246 27.02.2015 03:31:57 392 13,7 392 13,7
246 26.02.2015 20:59:51 381 13,3 381 13,3
246 26.02.2015 14:38:40 313 11,3 313 11,3
246 26.02.2015 09:25:28 465 16,0 465 16,0
246 26.02.2015 01:40:47 429 14,3 429 14,3
246 25.02.2015 08:31:19 365 12,8 365 12,8
246 25.02.2015 12:26:55 632 20,0 246 7,7848
Summe       2880 99,1848
Leistung am Prüftag
(99,1848/2880) *1440
48 h 24 h
      49,6

Tabelle 2: Berechnung der Leistung am Prüftag (Tagesmilchmenge)

Inhaltsstoff mittlere Differenz höchste positive Differenz höchste negative Differenz Standardabweichung der Differenz
Fett-% 0,01 +1,18 -0,85 0,256
Eiweiß-% 0,00 +0,17 -0,21 0,049
Zellzahl 3,1 975 -791 121,5
Harnstoff -0,1 48 -51 13,9
Differenz = Inhaltsstoffgehalt des Einzelgemelkes minus Inhaltsstoffgehalt des Tagesgemelkes
Tabelle 3: Streubreite der Inhaltsstoffe in Melkroboter-Betrieben
 

Sind alle Melkungen lückenlos erfasst, fließen alle Gemelke in die Leistungsberechnung ein. Aus den vorliegenden korrekten Melkungen eines Teilprüfzeitraums wird ein mittleres 24-Stun­den-Gemelk berechnet. Im Regelfall beginnt der erste Teilprüfzeitraum in der Mitte zwischen dem vorhergehenden und dem aktuellen Prüftag und endet mit dem letzten Gemelk des aktuellen Prüftags. Der zweite Teilprüfzeitraum beginnt mit dem ersten Gemelk nach dem aktuellen Prüftag und endet in der Mitte zwischen dem aktuellen und dem nachfolgenden Prüftag.

Einzelne Gemelke sind nicht zu berücksichtigen, wenn die Zwischenmelkzeit zum vorhergehenden Melkung mehr als 24 Stunden beträgt (z. B. bei Frischkalbern bzw. Zugangskühen, oder technisch durch eine fehler­hafte Datenaufzeichnung verursacht). Das mittlere 24-Stunden-Gemelk für einen Teilprüfzeitraum ergibt sich dann aus der Summe der Milchmengen aller Melkungen in

diesem Zeitraum, dividiert durch die Summe der dazugehörigen Zwischenmelkzeiten, bezogen auf 24 Stunden. Durch Multiplikation des mittleren 24-Stunden-Gemelks mit der Anzahl der Tage im Teilprüfzeitraum ergibt sich die anzurechnenden Gesamtmilch- bzw. Inhaltsstoffmengen im entsprechen Prüfzeitraum. Bei einigen Melkroboter-Herstellern kann die Zahl der zu ziehenden Milchproben mit Hilfe des Management-Programms vorgegeben werden. Obwohl vom LKV keine zusätzlichen Gebühren für Mehrproben erhoben werden, verzichten derzeit 30 Betriebe – hauptsächlich aus arbeitswirt­schaftlichen Gründen - auf eine vollständige Probenahme (s. Tabelle 1). Aufgrund der Schwankun­gen der Inhaltsstoffgehalte von Gemelk zu Gemelk, die im Melkroboter aufgrund der unregelmäßi­geren Zwischenmelkzeiten deutlich höher sind als in einem konventionellen Betrieb, besteht die Gefahr, dass eine einmalige

Probenahme keine repräsentative Stichprobe darstellt. In der Tabelle 3 sind beispielhaft die Streubreite der Inhaltsstoffe einiger Melkroboter-Betriebe mit mehrmaliger Probenahme dargestellt. In diesen Betrieben wurden über einen Zeitraum von 24 Stunden alle anfallenden Gemelke beprobt.

Obwohl die „mittlere Differenz“ nahe bei Null liegt und sich damit im Betriebsdurchschnitt positive und negative Abweichungen ausgleichen, ergeben sich – wie die Werte für die höchsten Differenzen zeigen, erhebliche tierindividuelle Schwankungen. Hiervon ist insbesondere der Fettgehalt betroffen. Aber auch beim Zellgehalt treten größere Schwankungen auf, die im Einzelfall auch zu Fehlinterpretationen des Eutergesundheitszustandes der betroffenen Kühe führen können. Aus dieser Sicht ist die Probenahme aller Gemelke im Rahmen der Milchleistungsprüfung zu empfehlen.

Dr. Jörg Piepenburg, LKV