Elektronische Kennzeichnung von Rindern
Die elektronische Tierkennzeichnung (eTK) wird seit Jahren in der landwirtschaftlichen Tierhaltung, in der Forschung und bei Heimtieren genutzt. In der Forschung ermöglicht die eTK die Erfassung von sehr vielen Daten ohne Beeinflussung der beobachteten Tiere mit geringem personellen Aufwand. Dies erhöht die Genauigkeit der Untersuchungen und den hieraus abgeleiteten Ergebnissen. Auch in der Rinderhaltung ist die eTK bei der Steuerung der Fütterung oder der Melktechnik zu finden. Jedoch werden die elektronischen Kennzeichen (Transponder) sowie die zur Erfassung der Transponder notwendige Elektronik von den Herstellern der Stalltechnik vertrieben und sind untereinander in den seltensten Fällen kompatibel.
Die offizielle Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Nutztieren mit elektronischen Kennzeichen ist heute bei Schafen, Ziegen und Einhufern (Pferde und Esel) europaweit geregelt. Bei Rindern befinden sich die europäischen Regelungen derzeit in der Überarbeitung. Hierbei wird - nach Abwägung aller Vor- und Nachteile - eine elektronische Identifizierung auf freiwilliger Basis von der Europäischen Kommission präferiert. Wichtig ist hier vor allem die Festlegung der Norm, nach denen die Transponder und die Lesegeräte miteinander kommunizieren. Bei der elektronischen Kennzeichnung von Schafen, Ziegen und Einhufern sind hierfür die Normen für die Kennzeichen - DIN-ISO 11784 - sowie für die Lesegeräte - DIN-ISO 11785 – festgelegt. Diese beiden Normen sind auch in der nationalen Viehverkehrsverordnung als Standard für die offizielle elektronische Kennzeichnung von Rindern festgelegt.
In Europa ist bei den Rindern die elektronische Kennzeichnung nur in Dänemark für Tiere, die nach dem 31. Mai 2010 geboren sind, obligatorisch eingeführt. Interessant ist, dass in Dänemark die obligatorische eTK bei Rindern auf Bestreben des dortigen Rinderzuchtverbandes umgesetzt wurde. Hier haben sich die Hersteller der Stalltechnik in den vergangenen Monaten auf die obligatorische eTK bereits eingestellt und rüsten die Technik sukzessive um. Um die Vorteile im den Beständen voll zu nutzen, bestehen in Dänemark Bestrebungen, in naher Zukunft die obligatorische eTK auch bei den bis zum 31. Mai 2010 geborenen Rinder einzuführen.
Eine europaweite normierte elektronische Ohrmarke für Rinder bietet den Vorteil, dass keine herstellerspezifische elektronische Tiererkennung mehr nötig ist. Im modernen Stallmanagement bedeutet dies, dass an allen elektronisch gesteuerten Stationen im Stall (z. B. Kälbertränke, Kraftfutterstation oder Melkstand) nur noch die Lebensnummer der Ohrmarke gelesen wird. Hiermit entfällt das „Umhängen“ der Halstransponder mit der anschließenden fehlerträchtigen manuellen Zuordnung der Transpondernummer zur Lebensnummer des Tieres. Die zum Tier erfassten Daten werden somit genauer. Gleichzeitig werden mit der elektronischen Ohrmarke neue Möglichkeiten zur automatisierten Erfassung von Tier-, Leistungs- und Gesundheitsdaten geschaffen. Möglich wird auch der Einsatz von mobilen Datenerfassungsgeräten mit Anbindung an interne oder externe Datenbanken für das Herden- und Gesundheitsmanagement. Auch die nachgelagerten Bereiche der Rinderhaltung wie Viehhandel und Schlachtung werden von den elektronischen Ohrmarken und der hiermit automatisierten Tiererkennung profitieren. Nachteilig ist, dass die vorhanden Systeme auf die Norm der elektronischen Ohrmarken umgestellt werden müssen und die elektronischen Ohrmarken nicht wieder verwendet werden können.
In Zukunft wird vor allem in den größeren Rinderbeständen die elektronische Ohrmarke das Herzstück der Tiererkennung werden und damit eine weitere Optimierung des Stallmanagements ermöglichen.
W. Geier, LKD