Mit dem Lactocorder Zellzahlproblemen auf der Spur
Mehr denn je erwarten die Verbraucher von den Milcherzeugern die Produktion einer ernährungsphysiologisch hochwertigen Milch, die von gesunden Kühen stammt. Wichtige Voraussetzung dafür ist neben dem regelmäßigen und richtigen Melken eine korrekt funktionierende und regelmäßig gewartete Melkanlage. Bei Betriebsbesuchen der Zuchtwarte ist leider oft festzustellen, dass die Melkanlage als wichtigste Maschine im Milchviehbetrieb eher unregelmäßig eine Wartung erhält. Oft wird der Techniker erst gerufen, wenn ein Bauteil nicht mehr funktioniert.
Gleichzeitig sind in den Betrieben mit unregelmäßiger Melkanlagenwartung oft hohe Zellzahlen in der Milchleistungsprüfung (MLP) und der Anlieferungsmilch festzustellen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass Zellzahlprobleme und mangelnde Melkanlagenwartung in direktem Zusammenhang stehen.
Eine Wartung sollte jährlich erfolgen und auf Grundlage der DIN/ISO 6690 – für automatische Melksysteme nach der DIN/ISO 20966 - durchgeführt werden. Nicht immer ist jedoch die Technik für Zellzahlprobleme verantwortlich. Deshalb bietet der LKV in seinen Mitgliedsbetrieben eine Melkberatung mit Hilfe des Lactocorders an.
Der Lactocorder ist ein mobil einsetzbares Milchmengenmessgerät, das neben der Milchmenge auch den Milchfluss aufzeichnet. Durch die grafische Darstellung als Milchflusskurve kann das Milchabgabeverhalten einer Kuh vom Zeitpunkt des Ansetzens der Zitzenbecher bis zum Abnehmen nach dem Melken analysiert und ausgewertet werden. Derart detaillierte Daten werden von keiner anderen Technik routinemäßig während des Melkens aufgezeichnet. Weil viele Fehler direkt bei der Milchabgabe ermittelt werden können, stellen die Daten aus dem LactoCorder einen hohen Wert für eine Optimierung des Melkens dar.
Knapp 10 % der Mitglieder des LKV nutzen den Lactocorder für die monatliche MLP und erhalten zusätzlich zum MLP-Rückbericht dreimal im Jahr eine gesonderte Auswertung der Milchflusskennzahlen, sowie einmal jährlich die detaillierten und interpretierten Milchflusskurven ihrer Herde.
Aber auch Betriebe, die bei der MLP nicht den Lactocorder nutzen, können auf Wunsch die Milchflusskurven ihrer Herde bei einem einmaligen Betriebsbesuch ermitteln und auswerten lassen. Durch die Aufzeichnung der Milchflusskurven und die gleichzeitige Beobachtung der Melkarbeit durch eine geschulte Person kann das Zusammenwirken der Melkarbeit, der technischen Funktionsfähigkeit der Melkanlage sowie der Melkbarkeit der Kühe analysiert und daraus resultierende Mastitisprobleme erkannt werden..
Typen von Milchflusskurven:
Jede Kuh bildet ihre individuelle Milchflusskurve aus, die durch verschiedene Faktoren, wie z.B. eine Mastitis oder abweichende Melkroutine beeinflusst werden kann. Großen Einfluss auf den Verlauf der Kurve haben neben dem Melker auch Laktationstag, Laktationsnummer, Eutergesundheit, und Melktechnik. Um eine Euter schonende und effektive Milchabgabe zu erreichen, muss der Melker versuchen die verschiedenen Phasen des Melkvorgangs (Anstieg, Plateau, Abstieg/ Nachgemelk) zu optimieren. Um Schwachstellen im Melkprozess aufzudecken, werden die verschiedenen Phasen analysiert.
Im Idealfall ist die Milchflusskurve trapezförmig und weist einen steilen, schnellen Anstieg, ein langes Plateau ohne Unterbrechungen und einen steilen Abstieg ohne Blind- und Nachgemelk auf (Abbildung 1).
Zeigt die Milchflusskurve wie in Abbildung 2 in der Anstiegsphase eine Unterbrechung, so spricht man von so genannten Bimodalitäten (Zweigipfligkeiten). Die Bimodalität tritt aufgrund von zu geringer Stimulation zum Melkbeginn auf, die nicht ausreicht, um eine genügende Menge des Hormons Oxytocin freizusetzen. Das heißt, das Anrüsten erfolgt nicht intensiv genug, oder die Zeitspanne zwischen Anrüsten des Euters und Ansetzen des Melkgeschirrs ist nicht optimal. Hierbei ist zu beachten, dass zwischen dem ersten Berühren der Zitze und Ansetzen des Geschirrs ca. 60 Sekunden liegen sollten. Sowohl längere, als auch kürzere Wartezeiten wirken sich negativ auf die Melkbereitschaft der Kuh aus. Wird eine maschinelle Stimulation verwendet, so muss diese optimal auf die Herde eingestellt sein. Bimodalitäten treten häufig bei altmelkenden Kühen auf, die einen erhöhten Stimulationsbedarf haben. Durch das Auftreten einer Bimodalität verlängert sich die Anstiegsphase und auch die Plateaudauer wird negativ beeinflusst. Außerdem ist durch die höhere mechanische Belastung des Euters langfristig ein negativer Effekt auf die Eutergesundheit zu erwarten.
Negativ auf die Eutergesundheit wirken sich auch lange Blindmelkzeiten zum Ende des Melkvorgangs aus, da das Eutergewebe stärker belastet wird. Als Blindmelken wird Melken mit einem Milchfluss von weniger als 0,2 kg pro Minute bezeichnet. Schließt sich dem Blindmelken wieder eine Phase mit höherem Milchfluss an, so wird dies als Nachgemelk bezeichnet. Blind- und Nachgemelke (Abbildung 3) sollten möglichst vermieden werden. In der Praxis treten hier oft Probleme mit einer nicht korrekt arbeitenden Abnahmeautomatik auf, die von Fachpersonal eingestellt werden muss. Ebenso sollten Kontroll- und Nachmelkgriff trotz Technikeinsatz angewendet werden und rechtzeitig erfolgen.
Peaks im Plateauverlauf mit darauf folgendem Abfall des Milchflusses deuten auf Lufteinbrüche während des Melkens hin (Abbildung 4). Lufteinbrüche treten bei Unruhe im Melkstand, bei nicht passenden Melkzeugen (kurze, dünne Zitzen) und insbesondere bei den ersten Melkungen von Färsen auf. In der Regel erreicht der Milchfluss nach einem Lufteinbruch nicht wieder das gleiche Niveau wie vor dem Lufteinbruch, wodurch der Melkvorgang länger dauert.
Mithilfe der Milchflusskurven und der Beurteilung von Melkarbeit und Melkroutine durch eine externe Person kann bei einer Melkberatung das komplexe Zusammenspiel zwischen Kuh, Melktechnik und Melker analysiert werden. Durch die Melkberatung mit dem Lactocorder bekommt der Landwirt einen Überblick, ob die Kühe vor dem Melken optimal stimuliert werden, oder ob weiterer Stimulationsbedarf besteht. Fehler in der Einstellung einer eventuell vorhandenen Stimulationsautomatik werden aufgezeigt.
Außerdem wird ermittelt, ob die Abnahme des Melkzeuges zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, und ob eine eventuell vorhandene Abschalt- oder Nachmelkautomatik korrekt arbeitet. Ebenso werden Lufteinbrüche aufgezeigt und mögliche Ursachen analysiert. Zusätzlich bekommt der Landwirt Informationen zu den Melkeigenschaften der gesamten Herde, sowie einzelner Kühe, wie z.B. maximaler Milchfluss, durchschnittlicher Milchfluss, ungleiche Viertelverteilung und Gesamtgemelksdauer.
Durch Optimierung der Melkarbeit auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse kann der Landwirt direkten Einfluss auf die Eutergesundheit seiner Herde nehmen, ggf. die Milchleistung steigern oder den Durchsatz im Melkstand erhöhen.
Der LKV bietet seinen Mitgliedern die Melkberatung mit dem Lactocorder als Serviceleistung an. Dabei werden während einer Melkzeit von allen Kühen die individuellen Milchflusskurven und Parameter ermittelt. In einem abschließenden Gespräch werden die Kurven und Ergebnisse ausgewertet und interpretiert. Betriebsindividuelle Einzelfälle und Besonderheiten können so berücksichtigt werden.
Bei Fragen oder Interesse an einer Melkberatung mit dem Lactocorder wenden sie sich beim Landeskontrollverband an Martina Thomsen (MSc. agr.) entweder per Mobiltelefon unter 0152-56890300 oder per Mail unter der Adresse .
Martina Thomsen, LKV