Die Geschichte des LKV Schleswig-Holstein
Nicht erst heute ist die Feststellung der Milchmenge und vieler Milchinhaltsstoffe ein wichtiges Instrument für das Herdenmanagement und die Züchtung auf Leistungsstarke und gesunde Milchkühe. Seit mehr als 150 Jahren bemühen sich Landwirte in Schleswig-Holstein schon, die Milchmenge und die Milchinhaltsstoffe z.B. den Milchfettgehalt für die Leistungskontrolle ihrer Kühe zu erfassen. So geht aus dem ältesten Zeitdokument, aus den Jahren noch vor der Gründung des ersten Kontrollvereins hervor, dass der Bauer Carsten Sievers, Papenkamp schon im Jahre 1885 die Tagesmilchmengen aller seiner Tiere, die Aufrechungen zu Jahresleistungen, die Deckdaten, die Kalbungen und die erzielten Preise für verkaufte Tiere dokumentiert hat.
Eine Zusammenfassung der Aktivitäten der einzelnen Landwirte zu sogenannten Kontrollvereinen erfolgte jedoch erst einige Jahre später, am Ende des 19 Jahrhunderts. Erst jetzt wurde, mit der Entdeckung des Gerber-Verfahrens, eine geeignete Methode gefunden die Fettgehaltsbestimmung der Milch auch in der Masse standardisiert und damit praxistauglich durchzuführen. In diesem Zusammenhang kamen vermehrt Überlegungen auf durch neutrale, externe Kontrolleure und einheitliche Richtlinien den Wert der freiwilligen Prüfung zu steigern. Angespornt von der Gründung des ersten Kontrollvereines der Welt in Dänemark (1895) schlossen sich im Jahre 1897 Landwirte der Norderharde auf der Insel Alsen, die zur dieser Zeit zur Provinz Schleswig-Holstein gehörte, zusammen und gründeten den ersten Kontrollverein in Schleswig-Holstein. Ziel war eine systematisch organisierte Milchprüfung der insgesamt 365 Kühe der 20 Gründungsmitlieder. Die Einzeltierergebnisse sollten Grundlage für die notwendige Leistungssteigerung und betriebliche Entscheidungen sein. Die externen Kontrollbeamten wurden in Dänemark ausgebildet und führten ab dann sämtliche Kontrollarbeiten durch. Die Entlohnung der Kontrollbeamten wurde ausschließlich von den Mitgliedsbetrieben getragen. In den darauf folgenden Jahren gründeten sich schnell weitere Kontrollvereine in Schleswig-Holstein, sodass 1904 bereits 17 Vereine mit 310 und 7554 kontrollierten Kühen gezählt wurden.
GRÜNDUNG VON KONTROLLVERBÄNDEN IN SCHLESWIG-HOLSTEIN
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Mit der Verbreitung der systematischen, organisierten und neutralen Milchleistungsprüfung (MLP) wuchs auch sehr schnell das Interesse nach einer Vergleichbarkeit der Kontrollergebnisse untereinander sowie einer übergreifenden Auswertung der Daten. Mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Durchführung der Kontrollen sowie einer ständigen Überwachung der Arbeiten in den einzelnen Kontrollvereinen schlossen sich im Jahre 1907 acht Vereine zum ersten Regionalverband in Schleswig-Holstein, dem Verband der Angler Kontrollvereine, zusammen. Ebenfalls im Jahr 1907 richtete dieser in Süderbrarup die erste Milchuntersuchungsstelle ein. Nachdem die Kontrollangestellten bis dahin die Fettbestimmung auf den Höfen selbständig durchgeführt hatten und zu diesem Zweck die umfangreichen Gerätschaften jeweils per Pferdewagen von Hof zu Hof transportiert werden mussten, stellte die Einrichtung dieser ersten verbandseigenen Milchuntersuchungsstelle einen bedeutende Erleichterung in der Durchführung der MLP dar. Auch Meiereien der näheren Umgebung nutzten die Einrichtung und ließen an dieser neutralen Stelle die abgesicherte Fettbestimmung ihrer Anlieferungsmilch durchführen. |
In den Gründungsjahren gewährte die Landwirtschaftskammer in Schleswig-Holstein finanzielle Starthilfen, entwarf Mustersatzungen und wertete zunächst die Kontrollergebnisse aus und veröffentlichte diese auch. Der Kammerauftrag beinhaltete zudem die Beaufsichtigung und Beratung der Kontrollangestellten. So fand im Winter 1902/1903 auch der erste fünfwöchige Ausbildungslehrgang für Kontrollangestellte unter der Leitung der Kammer in Kiel statt. Nicht zuletzt durch die weitere Bildung von Kontrollvereinen in den folgenden Jahren in allen Teilen des Landes stieg der Betreuungsaufwand der Kammer enorm und machte schließlich die Gründung eines eigenständigen Provinzialverbandes notwendig. Am 24. Juni 1911 schlossen sich bereits 26 Kontrollvereine mit 5360 Kühen dem Verband der schleswig-holsteinischen Kontrollvereine an. Dem Landesverband wurden bei der Gründung satzungsgemäß folgende Aufgaben übertragen: |
GRÜNDUNG VON KONTROLLVERBÄNDEN INTERNATIONAL
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1. Erwirken eines weiteren Zusammenschluss der Kontrollvereine
2. Weitereinwicklung der Leistungsprüfungen (nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen)
3. Verantwortung für Ausbildung und Einsatz der Kontrollangestellte
4. Zusammenstellung, Auswertung und Veröffentlichung der Prüfergebnisse
Die folgenden Jahre führten zu einer raschen Konsolidierung des Landesverbandes, ablesbar an einer sehr kurzfristig erreichten Vereinheitlichung aller Arbeiten in den Vereinen, der laufenden Erweiterung der Verbandsaufgaben sowie schließlich auch dem ständigen Anwachsen des Anteils an kontrollierter Tiere im Lande. Im Jahr 1935, dem – vorerst letzten Jahr der freiwilligen Kontrolle betrug die Kontrolldichte in Schleswig-Holstein bereits 31,1% womit das Land an der Spitze im damaligen Reichsgebiet stand. Zudem wurde am 1. März 1934 die Durchführung der Güteprüfung der Milch an der Rampe auf Reinheit und Frischezustand und die Kannenkontrolle eingeführt und die Durchführung im Januar 1936 auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen ebenfalls dem Verband der schleswig-holsteinischen Kontrollvereine übertragen.
Ebenfalls in 1936 trat dann eine entscheidende Wende in der Organisation des Milchleistungsprüfungswesens ein, indem zum einen laut Verordnung des damaligen Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft am 22. November 1935 die bis dahin freiwillige Kontrolle in eine Pflichtkontrolle für alle Milcherzeuger umgewandelt wurde. Bereits am 1. November 1936 waren 89,4% aller Tiere in Schleswig-Holstein durch die Pflichtkontrolle erfasst. Zusätzlich ordnete der Beauftragte des Reichsnährstandes für Milchleistungsprüfungen die Auflösung des Verbandes der schleswig-holsteinischen Kontrollvereine an. Am 5. Dezember 1936 wurden, nach erheblichen Widerstand der Landwirte, alle Aufgaben auf die Landeskontrollstelle bei der Landesbauernschaft Schleswig-Holstein übertragen und sämtliche Einrichtungen an die neue Dienststelle abgetreten. Schon bald darauf gab es massive Bemühungen der Bauern die alte Organisationsform d.h. die bäuerliche Selbstverwaltung bei der Durchführung der Milchleistungsprüfung zurückzuerhalten. Die Landwirte erreichten dass der Reichsminister seine Anordnung widerrief und bereits am 20. Juli 1937 erfolgte die Neugründung des Provinzialverbandes, diesmal unter dem Namen Landeskontrollverband Schleswig-Holstein e.V. Zu der damaligen Zeit ein gewaltiger Erfolg, die Aufsicht über die MLP behielt dennoch die Landesbauernschaft. Mit der Neugründung übernahm der Landeskontrollverband aber auch schnell wieder die Durchführung der Güteprüfung.
STATIONEN DER ORGANISIERTEN MILCHLEISTUNGSPRÜFUNG
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Mit wenigen Ausnahmen konnte die Milchleistungsprüfung trotz des totalen Zusammenbruchs des Reiches 1945 ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Die in den letzten Monaten des Krieges entstandenen Lücken in der personellen Besetzung von Kontrollbezirken wurden durch Wiedereinsetzung aus Gefangenschaft zurückkehrender Kontrollangestellter bzw. durch ehemalige Kontrollangestellter aus den Ostprovinzen, die in Schleswig-Holstein eine neue Heimat fanden, geschlossen. Darüber hinaus beteiligen sich auch eine Reihe von Ehefrauen von Mitarbeitern an der Aufrechterhaltung der Milchleistungsprüfung, indem sie für ihre zum Wehrdienst eingezogenen Männer bis zu deren Rückkehr die Kontrolle in den Bezirken fortgeführt haben. Der am 20. Juni 1937 neu gegründete Landeskontrollverein blieb so auch nach Kriegsende als Trägerorganisation der MLP bestehen bis am 31. Dezember 1948 die Pflichtkontrolle endgültig aufgehoben wurde. Somit wurde am 3. März 1949 der damalige Landeskontrollverein aufgelöst. Am gleichen Tag erfolgte die Neugründung des Landeskontrollvereins Schleswig-Holstein mit einer auf den neuen Verhältnisse angepassten Satzung. |
Im Laufe der Entwicklung waren die Geschäftsstellen des Verbandes wiederholt an verschiedenen Standorten untergebracht. Im Jahre 1970 wurde durch die geplante Umstellung auf das vollautomatische photometrische Verfahren der Milchinhaltsstoffbestimmung sowie durch den Notwendigen Ausbau des hauseigenen Rechenzentrums ein Umzug in die Kieler Zentrale am Steenbeker Weg notwendig. Mit der Einweihung des Zentrallabors für Milchleistungsprüfungen am 18.März 1975 wurden alle 26 verbandseigenen Untersuchungsstellen im Land im neuen Labor am Standort der Geschäftsstelle in Kiel zusammengeführt. Von Kiel aus werden heute die freiwilligen Milchleistungsprüfungen von 85% der in Schleswig-Holstein lebenden Milchkühe organisiert.